Druckausgleich ist ein aktiver Vorgang, mit dem Taucher den inneren Druck in Körper-Hohlräumen an den äußeren Umgebungsdruck anpassen.
Ein zentrales Thema, das jeder Taucher vom ersten Tauchgang an verstehen und beherrschen muss, ist der Druckausgleich. Er ist nicht nur essenziell für den Komfort, sondern auch entscheidend für die Vermeidung von Verletzungen, insbesondere im Bereich von Ohren und Nebenhöhlen.
In diesem Artikel erklären wir, was der Druckausgleich ist, warum er so wichtig ist, welche Techniken es gibt und wie du typische Probleme vermeiden kannst.
Was ist Druckausgleich überhaupt?
Beim Tauchen nimmt der Umgebungsdruck mit zunehmender Tiefe schnell zu. Bereits in 10 Metern Tiefe wirkt der doppelte Luftdruck auf unseren Körper im Vergleich zur Oberfläche.
Während feste und flüssige Bestandteile unseres Körpers diesen Druck problemlos ausgleichen, gibt es luftgefüllte Hohlräume, die sich nicht automatisch anpassen können – darunter:
- Mittelohr
- Nasennebenhöhlen
- Stirnhöhlen
- Lunge (wichtig beim Auftauchen)
Der Druckausgleich ist also ein aktiver Vorgang, mit dem wir versuchen, den inneren Druck in diesen Hohlräumen an den äußeren Umgebungsdruck anzupassen.
Warum ist Druckausgleich so wichtig?
Wenn der Druck in einem luftgefüllten Hohlraum nicht ausgeglichen wird, entsteht ein Unterdruck, der das umliegende Gewebe belastet. Typische Folgen:
- Schmerzen in den Ohren beim Abtauchen
- Barotrauma des Mittel- oder Innenohrs
- Nasenbluten oder Nebenhöhlenverletzungen
- Schwindel, Orientierungslosigkeit, Tauchunfälle
Das gilt besonders für das Mittelohr, das beim Tauchen am empfindlichsten auf Druckunterschiede reagiert. Die Verbindung zur Außenwelt erfolgt hier über die Eustachische Röhre, die Luft vom Rachenraum ins Mittelohr lässt – sofern sie geöffnet ist.
Techniken für den Druckausgleich
Es gibt mehrere bewährte Methoden, den Druckausgleich durchzuführen. Nicht jede Technik funktioniert bei jedem Menschen gleich gut – daher lohnt es sich, mehrere Varianten zu beherrschen.
1. Valsalva-Manöver (klassisch)
Technik: Nase zuhalten, Mund geschlossen halten und vorsichtig in die Nase pressen, als wollte man sie „ausblasen“.
Wirkung: Die Luft öffnet die Eustachische Röhre und gleicht den Druck im Mittelohr aus.
Vorsicht: Nicht mit Gewalt! Zu starker Druck kann das Innenohr schädigen.
2. Toynbee-Manöver
Technik: Nase zuhalten und gleichzeitig schlucken.
Vorteil: Geringere Belastung als beim Valsalva. Besonders wirksam bei leicht verstopften Röhren.
Tipp: Funktioniert gut beim langsamen, kontrollierten Abstieg.
3. Frenzel-Manöver
Technik: Bei geschlossener Nase wird mit Zunge und Kehlkopf Luft gegen die Eustachische Röhre gedrückt.
Komplexität: Etwas schwieriger zu erlernen, aber sehr effektiv – besonders bei Tieftauchgängen.
Vorteil: Sicherer als Valsalva, da weniger Druck erzeugt wird.
4. Jaw Thrust / Gähnbewegung
Technik: Unterkiefer vorschieben oder „künstlich“ gähnen.
Ziel: Öffnet die Eustachische Röhre passiv.
Kombination: Oft mit anderen Techniken einsetzbar.
Häufige Probleme beim Druckausgleich
1. Die Eustachische Röhre öffnet sich nicht
Ursachen können sein:
- Erkältung oder Allergie
- Schleimhautschwellung
- Anatomische Enge
Lösung:
- Nie krank tauchen!
- Nasenspray 30 Minuten vor dem Tauchgang (nach ärztlicher Absprache)
- Entspannung und Zeit lassen beim Abstieg
2. Schmerz trotz Druckausgleich
Wenn du Schmerzen verspürst, bist du zu schnell abgestiegen oder hast den Druckausgleich zu spät versucht.
Regel: Wenn’s weh tut, ist es zu spät.
Was tun:
- Sofort etwas auftauchen (1–2 Meter)
- Erneut sanft Druckausgleich versuchen
- Nie mit Gewalt – lieber den Tauchgang abbrechen, als eine Trommelfellverletzung zu riskieren
3. Unterschiedlicher Druckausgleich auf beiden Seiten
Das ist relativ häufig und meist harmlos. Oft hilft:
- Kopf zur problematischen Seite neigen
- Leicht zur Seite drehen
- Kieferbewegungen unterstützen
Druckausgleich trainieren – auch an Land
Ja, du kannst und solltest Druckausgleich auch an Land üben, besonders als Anfänger oder wenn du zu Problemen neigst.
Übungstipps:
- Valsalva oder Toynbee täglich vor dem Spiegel
- Nasenatmung verbessern
- Kieferentspannung trainieren
- Zungen- und Schlucktechniken variieren
Fazit: Ein kleiner Handgriff mit großer Wirkung
Ein effektiver Druckausgleich ist keine Zauberei, aber er will gelernt und gepflegt sein. Wer sich Zeit nimmt, verschiedene Techniken ausprobiert und auf seinen Körper hört, hat das Thema schnell im Griff. Und das Beste: Ein gut gemachter Druckausgleich sorgt für komfortable, schmerzfreie Tauchgänge – so kannst du die Unterwasserwelt wirklich genießen.
Mein Rat als Tauchlehrer:
Trainiere regelmäßig, tauche nur gesund und mach den Druckausgleich zu einem automatischen Teil deiner Tauchroutine. Dann steht deinem nächsten sicheren Abstieg nichts mehr im Weg.
Möchtest du noch passende Grafiken (z. B. zur Anatomie des Ohres oder zum Valsalva-Manöver), oder soll ich verwandte Themen wie „Barotrauma“, „Equalizing bei Kindern“ oder „Tauchen mit Erkältung“ verlinken?