Valsalva-Manöver – Der Klassiker für den Druckausgleich beim Tauchen
Wenn wir unter die Wasseroberfläche abtauchen, betreten wir eine Umgebung, in der sich die physikalischen Gesetze spürbar verändern. Besonders der Druckunterschied zur Oberfläche wirkt sich auf unseren Körper aus – vor allem auf die luftgefüllten Hohlräume wie das Mittelohr. Um schmerzhafte oder gefährliche Verletzungen zu vermeiden, benötigen wir eine effektive Methode zum Druckausgleich.
Das Valsalva-Manöver ist dabei die bekannteste und am weitesten verbreitete Technik – besonders unter Tauchanfängern. In diesem Artikel erkläre ich dir als erfahrener Tauchlehrer, was das Valsalva-Manöver ist, wie es funktioniert, wie man es korrekt durchführt, wann man es einsetzen sollte und worauf du unbedingt achten musst.
Was ist das Valsalva-Manöver?
Das Valsalva-Manöver ist eine Methode, um den Druck im Mittelohr während des Tauchens auszugleichen. Es wurde nach dem italienischen Arzt Antonio Maria Valsalva benannt, der im 18. Jahrhundert die Physiologie des Ohrs erforschte.
Beim Abtauchen erhöht sich der Umgebungsdruck rasch – bereits in 10 Metern Tiefe ist er doppelt so hoch wie an der Oberfläche. Ohne aktiven Druckausgleich entsteht ein Unterdruck im Mittelohr, der das Trommelfell nach innen zieht. Das kann zu Schmerzen, Blutungen oder sogar zum Trommelfellriss führen – ein klassisches Barotrauma.
Wie funktioniert das Valsalva-Manöver?
Beim Valsalva-Manöver wird gezielt Luft aus dem Rachenraum über die Eustachische Röhre in das Mittelohr gedrückt, um den dort herrschenden Unterdruck auszugleichen.
Anleitung zur Durchführung:
- Atme normal ein.
- Halte dir die Nase zu (z. B. mit Daumen und Zeigefinger).
- Schließe den Mund.
- Presse nun sanft Luft gegen die zugehaltene Nase, als wolltest du sie „ausblasen“.
Wenn die Eustachischen Röhren geöffnet sind, hörst oder spürst du ein leichtes „Ploppen“ oder „Klicken“ in den Ohren – das ist der erfolgreiche Druckausgleich.
Wann und wie oft sollte man das Valsalva-Manöver machen?
Grundsätzlich gilt: Besser zu früh als zu spät!
- Vor dem Abtauchen schon einmal durchführen (z. B. an der Wasseroberfläche beim Kopf unter Wasser).
- Während des Abstiegs alle 0,5 bis 1 Meter oder sobald ein leichter Druck auf den Ohren spürbar wird.
- Nicht warten, bis Schmerzen auftreten – dann ist es meist zu spät, und der Druckausgleich wird deutlich schwieriger.
Wichtige Hinweise zur sicheren Anwendung
Das Valsalva-Manöver ist einfach – aber es gibt einige wichtige Sicherheitsregeln, die unbedingt beachtet werden müssen:
1. Keine Gewalt anwenden!
Zu kräftiges Pressen kann die feinen Strukturen des Innenohrs schädigen. Wenn der Druckausgleich nicht gelingt:
- Abtauchen sofort stoppen
- 1–2 Meter aufsteigen
- Erneut vorsichtig versuchen
2. Niemals bei verstopfter Nase oder Erkältung tauchen
Entzündete oder verschleimte Eustachische Röhren blockieren die Verbindung zum Mittelohr. Der Luftausgleich ist dann kaum möglich – das Risiko eines Barotraumas steigt erheblich.
3. Kopfhaltung kann helfen
Kippe den Kopf leicht zur Seite oder neige ihn nach vorn. Das kann helfen, die Eustachischen Röhren besser zu öffnen.
4. Nicht beim Auftauchen anwenden
Das Valsalva-Manöver ist ausschließlich für das Abtauchen geeignet. Beim Auftauchen dehnt sich die Luft in den Hohlräumen von selbst aus. Ein aktiver Druckausgleich wäre hier nicht nur unnötig, sondern gefährlich – insbesondere in der Lunge!
Grenzen des Valsalva-Manövers
Auch wenn das Valsalva-Manöver die bekannteste Methode ist, hat es einige Schwächen:
- Es erfordert etwas Kraft – bei blockierten Röhren oft wirkungslos.
- Es kann zu Innenohrschäden führen, wenn zu viel Druck ausgeübt wird.
- Es funktioniert nicht bei allen Tauchern gleich gut – manche finden andere Methoden angenehmer.
Deshalb ist es sinnvoll, auch alternative Druckausgleichstechniken zu erlernen, z. B.:
- Toynbee-Manöver (Nase zuhalten und schlucken)
- Frenzel-Manöver (gezielte Kehlkopfansteuerung)
- Jaw Thrust oder Gähnen
Diese Methoden lassen sich je nach individueller Anatomie und Situation leichter anwenden – besonders bei wiederkehrenden Problemen.
Valsalva trainieren – auch außerhalb des Wassers
Der Druckausgleich lässt sich auch an Land üben, z. B. vor dem Spiegel:
- Nase zuhalten, sanft drücken
- Spüren, ob sich die Ohren öffnen
- In verschiedenen Kopfhaltungen testen
So entwickelst du ein Gefühl für die Technik und kannst sie unter Wasser sicher anwenden.
Fazit: Einfach, aber nicht ohne Verantwortung
Das Valsalva-Manöver ist eine einfache und effektive Methode für den Druckausgleich beim Tauchen. Richtig angewendet schützt es vor Verletzungen und ermöglicht einen entspannten, schmerzfreien Abstieg. Doch wie bei allem im Tauchsport gilt: Kenntnis, Achtsamkeit und Technik gehen Hand in Hand.
Als Tauchlehrer empfehle ich dir:
Nimm dir Zeit, beherrsche das Manöver sicher – und höre immer auf deinen Körper.
Wenn du regelmäßig Probleme mit dem Druckausgleich hast, sprich mit einem erfahrenen Tauchlehrer oder einem Tauchmediziner. Denn ein gut funktionierender Druckausgleich ist der Schlüssel zu sicherem und freudvollem Tauchen.